Das Kölner Bier - Das Kölsch
Kölsch im heutigen Sinne gibt es, im Gegensatz zur geläufigen Meinung, erst seit ungefähr 100 Jahren. Gebraut wird in Köln allerdings schon seit dem 9. Jahrhundert, doch das Resultat des damaligen Brauens hatte mit dem heutigen Bier nicht viel zu tun. Es wurde Gruit-Bier (Kräuterbier) genannt und das nicht ohne Grund. Statt des damals noch unbekannten Hopfens wurden spezielle Kräuter (von Schafgabe über bittere Wurzeln und Rosmarin bis Eichenrinde) verwand. Auch manipulierte man die Geschmacksrichtung mit Ingwer, Kümmel, Anis oder Wacholder. Aber selbst damals gab es schon die von der Obrigkeit erhobene Gruitsteuer.
Ab dem 15. Jahrhundert
wurde dann der Hopfen für das Bier entdeckt. Der größte Vorteil dieses in Köln
Keutebier genannten Hopfenbieres war nicht nur der Geschmack sondern die lange
Haltbarkeit des Bieres. Zuerst gab es natürlich ärger mit der Brauerzunft. Wer
hat schon gerne überlegene Konkurrenz, und der Obrigkeit gefiel es auch nicht,
weil auf Hopfen keine Steuern zu zahlen waren. Doch das alles änderte sich bald,
Steuern wurden erhoben und die Keutebier-Brauer wurden als Unterorganisation der
Brauerzunft anerkannt. Im 16. Jahrhundert wurde zum ersten Mal untergäriges Bier
gebraut. Dieses setzte sich in Köln aber (bis Heute) nie vollständig durch. Es
wurde sogar zeitweilig verboten untergäriges Bier zu brauen, weil aufgrund des
milden Kölner Klimas nicht selten bereits schlecht gewordenes Bier in den
Verkauf kam.
Im 19. Jahrhundert wurde
dann „Wiess“ gebraut, der Vorläufer des heutigen Kölschs. Im Gegensatz zum
Kölsch war es noch unfiltriert und somit trüb.
Kölsch im heutigen Sinne
wurde dann ab Ende des 19. Jahrhunderts gebraut. Laut Darstellung der
Garde-Brauerei wurde das erste „Kölsch“ überhaupt im Jahre 1892 in Dormagen, in
der damals noch im Privatbesitz befindlichen Vorgängerbrauerei von Garde,
gebraut. Verbrieft ist hingegen, dass in der Sünner-Brauerei seit 1906 Kölsch
produziert wird und im Jahr 1918 zum ersten Mal mit dem Begriff „Kölsch“ für das
helle, obergärige Bier von Sünner geworben wurde.
Durch die Erfindung der
Kältemaschinen von Linde wurde Ende des 18. Jahrhunderts Bier erstmals im
industriellen Maßstab hergestellt. Auch in Köln wurden immer mehr große
Aktien-Brauereien gegründet, die überwiegend untergäriges Bier produzierten.
Hierdurch wurden immer mehr obergärig brauende Hausbrauereien verdrängt, Kölsch
spielte auf dem Kölner Biermarkt nur eine sehr untergeordnete Rolle.
Dies änderte sich erst
in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Kölner bevorzugten ihr
obergäriges Bier und verdrängten durch die Nachfrage die untergärigen Biere aus
Köln. Interessant ist, dass fast alle sogenannten Kölsch-Brauereien auch Export,
Pils und Alt im Angebot hatten und teilweise auch noch haben. Dennoch kommen
einem Bezeichnungen wie „Reissdorf Pils“ oder „Sester Alt“ nur schwer über die
Lippen.
Der nachfolgende Artikel
von Timur Dosdogru beschreibt detailliert die Entwicklung der Brautradition in
Köln, insbesondere mit Blick auf die Bedeutung der Gaffeln für die Entwicklung
der Kölner Bierkultur und des Kölner Stadtwesens.
Von der Sorte zur Marke
- Einigkeit macht Kölsch ?
Rückblick und Zukunftsaussichten
Die Brautradition der
Stadt Köln ist bereits für das Jahr 873 nachgewiesen und stellt damit eine der
ältesten urbanen Brautraditionen überhaupt dar. Die Standesvertretung der Kölner
Brauer, das Kölner Brauamt, gab es schon im Jahr 1250. Die Kölner
Brauer-Kooperation entstand 1396, die auch den "Verbundbrief" unterschrieb, mit
dem sich Köln als erste deutsche Stadt eine demokratische Verfassung zulegte.
Dabei befreiten neben den Brauern auch die anderen Handwerksvereinigungen der
sogenannten Gaffeln die Stadt Köln von der herrschenden Obrigkeit in einer
friedlichen Revolution. Über 600 Jahre ist das jetzt her und wurde als
Stadtjubiläum „600 Jahre Verbundbrief" im Sommer 1996 in Köln groß gefeiert. Der
Grundstein für diese Revolution wurde bereits 1164 gelegt, als der Erzbischof
Rainald von Dassel, seines Zeichens Kanzler des Kaisers Barbarossa, die Gebeine
der "Heiligen Drei Könige" von Mailand nach Köln schickte. Durch diese
bedeutende Handlung avancierte Köln nämlich zum ersten Wallfahrtsort nach der
Ewigen Stadt Rom in jener Zeit, was zahllose Pilger, Kaiser wie Kaufleute in
großen Scharen in die künftige Domstadt lockte. Wegen der wachsenden Bedeutung
der Stadt nahmen die Kölner die Kronen der "Heiligen Drei Könige" zu den elf
Flammen ihres Stadtwappens auf, womit sie ein Zeichen für die wachsende
wirtschaftliche und kulturelle Rangfolge Kölns setzten. Mit der dritten
Stadterweiterung wurden die Grenzen der Domstadt neu gesetzt, außerdem wurde die
Stadt durch den Bau des bekannten Mauer- und Festungswerkes von allen Seiten
umfassend geschützt. Die Heiligsprechung der Stadt erfolgte durch die Errichtung
mehrerer romanischer Kirchen und natürlich des Domes. Die Macht der Kirche
führte zu blutigen Freiheitskämpfen, die erst im 13. Jahrhundert beendet wurden,
die Erzbischöfe verlegten ihren Sitz schließlich nach Bonn. Bei diesen
Auseinandersetzungen blieb es aber nicht für die geplagten Kölner, bis Mitte des
14. Jahrhunderts regierten dann die Patrizier die Stadt, was immer wieder Anlass
zur Unruhe gab. Um ein politisches Gegengewicht zu bilden, gründeten die
mittelständischen Kaufleute Kölns zusammen mit den Gemeinschaften der
Handwerker, politische Vereinigungen - die sogenannten Gaffeln. Mit ihrer Hilfe
konnte der Nährboden in allabendlichen Tischgesellschaften bei Speis und Trank
für den allgemeinen Unmut geschaffen werden, der die Herrschaft der Patrizier
beiseitefegen sollte. Tischgesellschaften bildeten Nährboden für sozialen Unmut.
Der Begriff "Gaffel" geht auf diese Zeit der Tischgesellschaften zurück, weil
bei diesen Gelegenheiten eine gleichnamige zweizinkige Gabel bei Tisch verwendet
wurde, die Kölner Kaufleute schon im 11. Jahrhundert aus Venedig eingeführt
hatten. Zurück zum Bier: Der erste schriftlich erwähnte Kölner Brauer ist
angeblich ein gewisser Henricus Medebruwer im Jahre 1285. Die Zunft der Kölner
Brauer mit der dazugehörenden St.-Peter von Mailand-Bruderschaft, die das Jahr
1336 der Unterzeichnung des Verbundbriefes auch als das eigene Gründungsjahr
ansieht, ist auch mit einem eigenen Siegel auf dieser Urkunde vertreten. Die
St.-Peter von Mailand-Bruderschaft, die wahrscheinlich schon bedeutend früher
entstanden ist, gibt es übrigens noch heute. Ihre Mitglieder feiern immer noch
jährlich das Patronatsfest am 29. April mit einem Gottesdienst und einem
gemeinsamen Essen, wobei natürlich auch Kölschbier nicht fehlen darf - und das
seit 600 Jahren. Der Bruderschaft wird auch das Zitat "Einigkeit macht Kölsch"
zugeschrieben. Bier schmeckte damals noch ganz anders. Das Bier welches damals
gebraut wurde, hatte noch nicht viel mit dem gemeinsam, was heute getrunken
wird. Gewürzt wurde statt mit Hopfen mit einer Kräutermischung und statt Hefe
zuzuführen, verließ man sich auf die natürliche Luftgärung. Anfang des 15.
Jahrhunderts fand der Hopfen dann seinen Weg ins kölsche Braugewerbe. Dann war
es aber für längere Zeit mit den technischen Neuerungen erst einmal vorbei, bis
in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in den mittelalterlichen Mauern
der Domstadt rund 100 Hausbrauereien, die mehrere, meist obergärige Biersorten
brauten. Je nach Witterung und Jahreszeit gab es beispielsweise im Frühjahr
"Märzer", im Sommer "Stecken-Alt" wie auch das untergärige "Kölsche Knupp". 1798
marschierten Revolutionstruppen in die Stadt ein und brachten neben Freiheit,
Gleichheit und Brüderlichkeit unter anderem eine besonders wichtige Neuerung in
die Domstadt: die Gewerbefreiheit, die mit einer Aufhebung des Zunftwesens
einherging. Stürmisch für den Handel wurden die Zeiten dann Anfang des 19.
Jahrhunderts, die industrielle Revolution schwelte schon vor sich hin, außerdem
deuteten Erfindungen und Entdeckungen Umwälzungen auch für das Braugewerbe
an.
Die Industrielle
Revolution und der allgemein einsetzende Gründungsboom riss auch die Brauer mit,
bahnbrechend wirkten sich die Erfindung der Dampfmaschine und der ersten
Kühlmaschine (1873) aus. Durch den stetigen Zuzug von Arbeitskräften infolge
schnell wachsender Fabriken ließ sich auch trefflich immer mehr Bier absetzen,
was dazu führte, dass die Industrialisierung der Brauereien schon bald zu einem
Sterben der traditionellen Hausbrauereien führte. Zu dieser Zeit waren
untergärige Biere wie Pilsner, Münchner Helles, Export und Lagerbier in Mode.
Außerdem wurde schon damals die flächendeckende Einführung maschinell
gefertigter Bierflaschen vorangetrieben und ein Pfandsystem eingeführt. Aus
Angst vor Kopien und Panschereien wurde es dann auch üblich, den Firmennamen ins
Glas prägen zu lassen. Das Nachsehen hatten die Hausbrauereien, die
ausschließlich vom Fassbierverkauf lebten, weil die Bierflasche absolut angesagt
war. Die kleinen Hausbrauereien brauten zu dieser Zeit noch den Vorläufer des
heutigen Kölsch, das trübe und ungefilterte "Wieß". Und obwohl die neuen
Großbrauereien untergärige Biere wie Pils und Export forcierten (um die
Jahrhundertwende gab es in Köln 15 Großbetriebe und nur noch knapp 60
Hausbrauereien) ließ sich die obergärige Sorte Kölsch, die mittlerweile auch
ihre Trübung verlor, nicht verdrängen: die Kölner tranken trotz allem auch noch
ihr Kölsch.
Ein Ende machte dem erst
mal der 2. Weltkrieg, 1946 gab es nur noch ganze zwei Brauereien offiziell in
Köln: Dom und Sünner. Danach ging es aber erst richtig los, die Zahl der
Kölschbrauer schnellte schon bald wieder auf 24 hoch. 1960 wurden in der
Rheinmetropole rund 500.000 Hektoliter Kölsch gebraut, heute sind es etwa drei
Millionen Hektoliter, die sich auf folgende Marken verteilen: Agrippa-,
Bartmanns-, Bürger-, Dom-, Früh-, Gaffel-, Ganser-, Garde-, Germania-, Giesler-,
Gilden-, Hellers-, Küppers-, Kurfürsten-, Kurfürsten Maximilian-, Mühlen-,
Lecker!-, Päffgen-, Peters-, Rats-, Reissdorf-, Richmodis-, Römer-,
Schreckenskammer-, Sester-, Severins-, Sion-, Stecken-, Sünner- und
Zunft-Kölsch. Die Brauereien unterzeichneten am 6. März 1986 eine freiwillige
Übereinkunft, die „Kölsch-Konvention". Danach darf diese Bierspezialität (streng
nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 gebraut) nur in Köln und der näheren
Umgebung hergestellt werden. Dabei handelt es sich um ein obergäriges helles,
hochvergorenes, hopfenbetontes, blankes (klares) Vollbier, für das die
sogenannte Stange (das typisch hohe, zylindrische Bierglas, welches böse Zungen
oft als "Reagenzglas" bezeichnen) das einzig gebräuchliche Kölschglas sein soll.
Über die Einhaltung der Konvention wacht ein Ausschuss, in Streitfragen
entscheidet ein Schiedsgericht. Die Weichen für diese Übereinkunft, die 1985 im
Bundesanzeiger veröffentlicht und anderen Verbänden zur Prüfung vorgelegt und
einwandslos angenommen wurde, waren bereits 1963 gestellt worden, als das
Landgericht Köln bereits feststellte, dass Kölsch nicht nur den Biertyp, sondern
auch das Herkunftsgebiet ausweise. Am 29. Januar 1996 wurde die
Kölsch-Konvention vom Bundeskartellamt anerkannt. Wie hopfenbitterernst die
Kölsch-Konvention genommen wird, musste bis Anfang diesen Jahres die Gaffel
Brauerei erfahren, die als Kölsch-Marktführer in der Gastronomie gilt. Sie hatte
es "gewagt", ein etwas verändertes Kölschglas, welches unten schmal ist und oben
leicht auseinandergeht (ein Hauch von Tulpenform), insbesondere für die
Gastronomie, anzubieten. Es half alles nichts, nach erbitterten Protesten musste
das Glas wieder vom Markt genommen, die Konvention eingehalten werden.